Sonntag, 17. März 2019

Interview mit Volker Kutscher und Arne Jysch 2. Teil

Weiter geht es mit meinen Fragen an Arne Jysch….


Für diejenigen, die dich noch nicht kennen, erzähl doch bitte ein wenig über Dich.

Ich bin gebürtiger Bremer und 1995 für mein Animationsstudium in Babelsberg nach Berlin gezogen. Ich habe gezeichnet und kleine Bücher selber gebastelt seit ich denken kann und dann während des Zivildienstes angefangen mit Freunden kleine Filme zu drehen. Nach meinem Abschlussfilm an der HFF, einem Zeichentrickfilm über die Liebe der Tauben im Bahnhof hatte ich hauptsächlich das Ziel Filme zu machen. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich seitdem mit dem Zeichnen von Storyboards für Werbe- und Kinofilme. Eine Tätigkeit, die mir sehr viel Freude bereitet, besonders wenn ich mit kreativen Regisseuren wie Philipp Stölzl (Goethe!, Der Medicus, Ich war noch niemals in New York) zusammenarbeiten darf.
 
Wie bist Du zum Comiczeichnen gekommen?

Als 2009 ein länger geplantes Filmprojekt von mir nicht zustande kommen wollte, entschloss ich mich, ein Manuskript an den Carlsen Verlag zu schicken. In diesem Verlag, mit dessen Comicveröffentlichungen wie „Tim und Struppi“ ich ja quasi aufgewachsen bin und daher eine emotionale Verbindung hatte, kam dann 2012 meine erste Graphic Novel „Wave and Smile“ heraus. Nach dem kleinen Erfolg des Erstlings und dem bei mir entflammten neuen Spaß, mich in diesem Medium künstlerisch auszudrücken, hatte ich dann freie Bahn, mein nächstes Buch in Angriff zu nehmen. Comics stellten sich als ideale Kombination meiner Vorlieben „filmisch Erzählen“ und „Zeichnen“ heraus.

Was war dein erster Comic?  Worum ging es?

Mein erster Comic behandelte den ISAF Bundeswehreinsatz in Afghanistan mit einer fiktiven Geschichte um einen Soldaten und einer Journalistin, die sich 2009 in Kundus kennenlernen und in die Wirren des Krieges geraten. Die Handlung diente als roter Faden, um die Wiedersprüche, Probleme und teils reale Vorkommnisse und viele Perspektiven des Konflikts zu beleuchten. Die Geschichte gliedert sich grob in drei Teile. Der offizielle Einsatz, dann der entfremdete Soldat in der Heimat und ein dritter Teil, der die Hauptfigur mit seiner Suche nach einem verschollenen Kameraden in die von den Taliban kontrollierten Gebiete führt. Der Titel „Wave and Smile“ bezieht sich auf die an Soldaten ausgegebene Formel die eine freundliche Gesinnung gegenüber der Zivilbevölkerung signalisieren sollte. Die Idee dazu hatte ich, als ich 2008 mit dem Afghanischen Ehemann einer Freundin ins Gespräch über die Situation in seiner Heimat kam und durch den Kontakt zu einer Journalistin, die gerade ihren ersten Besuch bei der Bundeswehr in Kundus verbracht hatte.
 
Welche Comics liest Du am liebsten?

Am stärksten beeindrucken mich immer noch die Klassiker von Hergé, Moebius oder Franquin. Aber auch der deutsche Zeichner Matthias Schultheiss. Die Comics, die mir gefallen, dürfen gerne eskapistisch, unterhaltsam in fremde Welten entführen und müssen für mich zeichnerisch einen gewissen „Wow“- Effekt haben. An Amerikanischen Comics hat mich die Serie DMZ von Brian Wood sehr gefesselt, ansonsten bin ich eher Fan der aktuellen Franzosen. Da gibt es zum Beispiel die Zeichner Mathieu Bablet, Alexandre Clerisse oder Nicolas Petrimaux, die jeder für sich ganz besondere Bildwelten produzieren.

Wie bist Du an die Umsetzung von der "Nasse Fisch" herangegangen?

Ich habe den Roman in einzelne Szenen und deren Inhalt unterteilt und meine Lieblingsstellen herausgefiltert. Im Prinzip habe ich die Story und die Figuren ganz auf die Basics, ein Skelett herunterreduziert, da ich ja stark kürzen musste, und habe dann dieses Gerüst mit meinen Ideen wieder aufgefüllt. Ein Comicszenario mit neuen Dialogen geschrieben, das dann Vorlage für die erste Skizzenfassung, das Storyboard war.
Hast Du die gleichen Quellen genutzt wie Volker Kutscher?

Sicher gibt es da große Überschneidungen. Wir beide haben die Bücher der Kriminalexpertin Regina Stürickow zu Rate gezogen und Volker und ich waren zusammen in der Polizeihistorischen Sammlung am Platz der Luftbrücke, ein Museum mit unzähligen Exponaten aus der Berliner Polizeihistorie. Er hat mir auch Tipps gegeben für Filme, die ich schauen könnte wie „Menschen am Sonntag“ oder „Emil und die Detektive“. Ich musste natürlich noch stark visuell recherchieren und habe mir viele Bücher über Mode und Inneneinrichtungen der Zwanziger Jahre besorgt, war aber auch noch in Museumswohnungen und in einem Automobilmuseum in Berlin.

Wie lange hat es schlussendlich gedauert, bis der Comic heraus kam?

Ich habe ca. 3 Jahre daran gearbeitet. 2013/14 das Szenario, dann die Skizzenfassung und schließlich 2016 die Reinzeichnungen damit es im März 2017 erscheinen konnte.

Mit bisher zahlreichen Übersetzungen im Ausland scheint der Comic ein Erfolg zu sein. Wie sieht es mit dem zweiten Buch "Der Stumme Tod" aus? Hast Du bereits angefangen?

In der Tat sitze ich gerade am Anfang der schriftlichen Adaption. Die Leser müssen sich aber noch gedulden, da ich trotz des Erfolges von „Der nasse Fisch“ noch andere zeichnerische Aufträge als Broterwerb bearbeiten muss.

Hattest Du überlegt, dem Comic in Farbe zu machen? Schließlich war die zeit damals ja bunt und nicht schwarz weiß.

Klar war der erste Gedanke, den Comic in Farbe zu gestalten, da Volker seine Welt schließlich auch in Farbe sieht. Er hätte das sehr begrüßt. Aber durch mein erstes Buch hatte ich Erfahrung mit der Kolorierung und wusste wie viel Arbeit das macht. Es soll ja nicht nur bunt werden, sondern auch Charakter und Stimmung haben. Also war schnell klar, dass wir eine Schwarzweißlösung finden müssen. Ich habe aus der Not eine Tugend gemacht und mich stark von Grafiken und Fotos aus der Zeit inspirieren lassen, um den Leser von heute mithilfe des Stils, viel Schwarz und Aquarellschattierungen in die Vergangenheit zu entführen.
 
 
 
Ich bedanke mich Arne Jysch und Volker Kutscher, für das Beantworten meiner Fragen :)


 
 
 
gezeichnet von Arne Jysch 

Der nasse Fisch Graphic Novel






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