Für diejenigen, die dich noch nicht kennen, erzähl doch bitte ein wenig über Dich.
Ich
bin gebürtiger Bremer und 1995 für mein Animationsstudium in
Babelsberg nach Berlin gezogen. Ich habe gezeichnet und kleine Bücher
selber gebastelt seit ich denken kann und dann während des
Zivildienstes angefangen mit Freunden kleine Filme zu drehen. Nach
meinem Abschlussfilm an der HFF, einem Zeichentrickfilm über die
Liebe der Tauben im Bahnhof hatte ich hauptsächlich das Ziel Filme
zu machen. Meinen Lebensunterhalt verdiene ich seitdem mit dem
Zeichnen von Storyboards für Werbe- und Kinofilme. Eine Tätigkeit,
die mir sehr viel Freude bereitet, besonders wenn ich mit kreativen
Regisseuren wie Philipp Stölzl (Goethe!, Der Medicus, Ich war noch
niemals in New York) zusammenarbeiten darf.
Wie
bist Du zum Comiczeichnen gekommen?
Als
2009 ein länger geplantes Filmprojekt von mir nicht zustande kommen
wollte, entschloss ich mich, ein Manuskript an den Carlsen Verlag zu
schicken. In diesem Verlag, mit dessen Comicveröffentlichungen wie
„Tim und Struppi“ ich ja quasi aufgewachsen bin und daher eine
emotionale Verbindung hatte, kam dann 2012 meine erste Graphic Novel
„Wave and Smile“ heraus. Nach dem kleinen Erfolg des Erstlings
und dem bei mir entflammten neuen Spaß, mich in diesem Medium
künstlerisch auszudrücken, hatte ich dann freie Bahn, mein nächstes
Buch in Angriff zu nehmen. Comics stellten sich als ideale
Kombination meiner Vorlieben „filmisch Erzählen“ und „Zeichnen“
heraus.
Was
war dein erster Comic? Worum ging es?
Mein
erster Comic behandelte den ISAF Bundeswehreinsatz in Afghanistan mit
einer fiktiven Geschichte um einen Soldaten und einer Journalistin,
die sich 2009 in Kundus kennenlernen und in die Wirren des Krieges
geraten. Die Handlung diente als roter Faden, um die Wiedersprüche,
Probleme und teils reale Vorkommnisse und viele Perspektiven des
Konflikts zu beleuchten. Die Geschichte gliedert sich grob in drei
Teile. Der offizielle Einsatz, dann der entfremdete Soldat in der
Heimat und ein dritter Teil, der die Hauptfigur mit seiner Suche nach
einem verschollenen Kameraden in die von den Taliban kontrollierten
Gebiete führt. Der Titel „Wave and Smile“ bezieht sich auf die
an Soldaten ausgegebene Formel die eine freundliche Gesinnung
gegenüber der Zivilbevölkerung signalisieren sollte. Die Idee dazu
hatte ich, als ich 2008 mit dem Afghanischen Ehemann einer Freundin
ins Gespräch über die Situation in seiner Heimat kam und durch den
Kontakt zu einer Journalistin, die gerade ihren ersten Besuch bei der
Bundeswehr in Kundus verbracht hatte.
Welche
Comics liest Du am liebsten?
Am
stärksten beeindrucken mich immer noch die Klassiker von Hergé,
Moebius oder Franquin. Aber auch der deutsche Zeichner Matthias
Schultheiss. Die Comics, die mir gefallen, dürfen gerne
eskapistisch, unterhaltsam in fremde Welten entführen und müssen
für mich zeichnerisch einen gewissen „Wow“- Effekt haben. An
Amerikanischen Comics hat mich die Serie DMZ von Brian Wood sehr
gefesselt, ansonsten bin ich eher Fan der aktuellen Franzosen. Da
gibt es zum Beispiel die Zeichner Mathieu Bablet, Alexandre Clerisse
oder Nicolas Petrimaux, die jeder für sich ganz besondere Bildwelten
produzieren.
Wie
bist Du an die Umsetzung von der "Nasse Fisch" herangegangen?
Ich
habe den Roman in einzelne Szenen und deren Inhalt unterteilt und
meine Lieblingsstellen herausgefiltert. Im Prinzip habe ich die Story
und die Figuren ganz auf die Basics, ein Skelett herunterreduziert,
da ich ja stark kürzen musste, und habe dann dieses Gerüst mit
meinen Ideen wieder aufgefüllt. Ein Comicszenario mit neuen Dialogen
geschrieben, das dann Vorlage für die erste Skizzenfassung, das
Storyboard war.
Hast
Du die gleichen Quellen genutzt wie Volker Kutscher?
Sicher
gibt es da große Überschneidungen. Wir beide haben die Bücher der
Kriminalexpertin Regina Stürickow zu Rate gezogen und Volker und ich
waren zusammen in der Polizeihistorischen Sammlung am Platz der
Luftbrücke, ein Museum mit unzähligen Exponaten aus der Berliner
Polizeihistorie. Er hat mir auch Tipps gegeben für Filme, die ich
schauen könnte wie „Menschen am Sonntag“ oder „Emil und die
Detektive“. Ich musste natürlich noch stark visuell recherchieren
und habe mir viele Bücher über Mode und Inneneinrichtungen der
Zwanziger Jahre besorgt, war aber auch noch in Museumswohnungen und
in einem Automobilmuseum in Berlin.
Wie
lange hat es schlussendlich gedauert, bis der Comic heraus kam?
Ich
habe ca. 3 Jahre daran gearbeitet. 2013/14 das Szenario, dann die
Skizzenfassung und schließlich 2016 die Reinzeichnungen damit es im
März 2017 erscheinen konnte.
Mit
bisher zahlreichen Übersetzungen im Ausland scheint der Comic ein
Erfolg zu sein. Wie sieht es mit dem zweiten Buch "Der Stumme
Tod" aus? Hast Du bereits angefangen?
In
der Tat sitze ich gerade am Anfang der schriftlichen Adaption. Die
Leser müssen sich aber noch gedulden, da ich trotz des Erfolges von
„Der nasse Fisch“ noch andere zeichnerische Aufträge als
Broterwerb bearbeiten muss.
Hattest
Du überlegt, dem Comic in Farbe zu machen? Schließlich war die zeit
damals ja bunt und nicht schwarz weiß.
Klar
war der erste Gedanke, den Comic in Farbe zu gestalten, da Volker
seine Welt schließlich auch in Farbe sieht. Er hätte das sehr
begrüßt. Aber durch mein erstes Buch hatte ich Erfahrung mit der
Kolorierung und wusste wie viel Arbeit das macht. Es soll ja nicht
nur bunt werden, sondern auch Charakter und Stimmung haben. Also war
schnell klar, dass wir eine Schwarzweißlösung finden müssen. Ich
habe aus der Not eine Tugend gemacht und mich stark von Grafiken und
Fotos aus der Zeit inspirieren lassen, um den Leser von heute
mithilfe des Stils, viel Schwarz und Aquarellschattierungen in die
Vergangenheit zu entführen.
Ich bedanke mich Arne Jysch und Volker Kutscher, für das Beantworten meiner Fragen :)
Der nasse Fisch Graphic Novel
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