Montag, 8. April 2019

Interview mit Volker Kutscher und Arne Jysch 1. Teil

Ich habe Volker Kutscher und Arne Jysch anlässlich der Graphic Novel Tage im Literaturhaus Hamburg erstmals getroffen. Es war für mich ein toller Abend mit tollen Gästen. Nicht nur wegen der vielen Autogramme und der 2 Zeichnungen, die ich bekommen habe. Auch das Gespräch zwischen den beiden und Andreas Platthaus, es war unterhaltsam und informativ für alle Anwesenden. Die Veranstaltung war übrigens fast ausverkauft.  Das Café selbst, ein tolles Ambiente.  Mit Volker Kutscher ein Interview zu führen hatte ich schon lange, nun im Gespann mit Arne Jysch kam mir der Gedanke beiden Fragen per Email zu schicken und beides dann anschließend als Doppel-Interview zu verpacken. Mal schauen ob es klappt. Beide waren auf meiner Nachfrage einverstanden. Nun liegt es an mir, das das ganze auch zu Stande kommt. Andreas Platthaus, der Moderator der Lesung hatte auch irgendwie Schuld. Ich durfte keine Fragen mehr stellen, weil sonst außer mir keiner dran gekommen wäre *grins*

Inzwischen haben beide Herren geantwortet, hat gar nicht lange gedauert, was mich sehr freut. :)

Hallo Herr Kutscher, vielen Dank das ich das Interview mit Ihnen führen darf. :) Der Gedanke so etwas zu machen spukte schon länger in meinem Kopf.


Sie sind 1962 geboren, haben Germanistik, Philosophie sowie Geschichte studiert, leben im Bergischen Land, haben bei einer Zeitung in Wuppertal gearbeitet.

Wie kam es dazu, das sie mit dem Schreiben von Büchern anfingen? Ihr erster Krimi erschien 1995 im Emons Verlag.

Volker: Das fiktionale Schreiben war für mich zunächst einmal ein Ausgleich zum Job als Tageszeitungsredakteur.

Wann begannen sie die Serie um Gereon Rath zu entwickeln und wie lange hat es gedauert, bis der Verlag Kiepenheuer und Witsch die Bücher veröffentlichen wollte??

Volker: Das mir das Schreiben von Kriminalromanen großen Spaß gemacht hat, war die Devise immer: Nach dem Buch ist vor dem Buch. Ich habe mir also immer Gedanken gemacht, was als nächstes kommt. Und dann war da plötzlich diese Idee, einen Kriminalroman im Berlin der frühen Dreißiger anzusiedeln. Daraus ist dann ganz schnell die Idee zur Rath-Romanreihe geworden, und mir wurde klar, dass das nicht mehr als Hobby zu leisten ist. Also habe ich meine Stelle gekündigt, um es einmal zu versuchen. Allerdings hat es, nachdem mein Agent das fertige Manuskript an zahlreiche Verlage versandt hat, eineinhalb Jahre und viele Absagen gedauert, bis ich mit Kiepenheuer & Witsch einen Verlag gefunden hatte.

Ich bin ungefähr zwischen dem 4. und 5. Buch auf ihre Serie aufmerksam geworden. Seitdem lese ich mit Begeisterung dieses Genre, inzwischen schreiben ja ganz viele Autoren Krimis und Romane, die in dieser Zeit spielen. Personen wie Ernst Gennat trifft man dann öfters. Weil es eben reale Personen sind, die in dieser Zeit gelebt haben. 
Wie langwierig war zu Beginn das Recherchieren? Wie oft waren sie dafür in Berlin?

Volker: Die erste Recherche war die längste, weil grundlegende. In Berlin war und bin ich sowieso immer schon sehr oft, so dass das also gut passte.

Hallo Arne, auch mein Dank an Dich, das wir dieses Interview führen. :)

Wann bist Du auf die Krimis von Volker Kutscher gestoßen?  Ich erst irgendwann nach dem 4. Buch.

Arne: Ich habe tatsächlich bei Erscheinen des ersten Buchs 2007 eine Radiorezension gehört und gedacht: „Endlich! Jetzt hat es jemand getan!“ Volker hat es geschafft einen spannenden, unterhaltsamen Krimi in eine realistische, minutiös recherchierte Welt der Zwanziger zu pflanzen. Viele der Szenen sind sehr visuell gedacht und erzeugen gleich große Bilder in meiner Fantasie. Ich hatte zwar vorher schon zeitgenössische Literatur wie „Das kunstseidene Mädchen“, „Fabian“ oder „Berlin Alexanderplatz“ gelesen, aber „Der nasse Fisch“ ist eben moderner, Actionreicher, mit dem Vorteil, dass ich den Autor noch kontaktieren und mit ihm zusammenarbeiten kann.
 
Ich finde ihre Bücher immer sehr gut recherchiert, Ereignisse aus der Zeit finden in ihre Bücher. Für mich irgendwie Geschichtsunterricht, den ich früher in der Schule gern gehabt hätte. Ich kann mir besser vorstellen, wie z. B in Marlow, wie ich an der Stelle von Gereon gehandelt hätte. Ich weiß es nicht. Ich hab ja in der Lesung bereits gesagt, im Grunde geht es dann darum am Leben zu bleiben

Volker: Es gibt eine ganze Menge Fragen, die man sich in solch einer Situation stellt, wenn sich plötzlich alles ändert, aus einer Demokratie eine Diktatur wird und das, was vorher gut war, böse wird, und umgekehrt. Und ich möchte, dass sich meine Leserschaft diese Fragen auch stellt.

Wie gehen sie beim Schreiben vor? Wissen sie schon im voraus, wie sich ihre Figuren entwickeln? Oder machen sie es wie beim Fußball? Nach dem Buch ist vor dem Buch?

Volker: Ich nehme meine Figuren, wie sie aus dem letzten Buch herauskommen, und gehe mit ihnen ins nächste.

Vor ihren letzten Büchern gab es immer eine Kurzgeschichte, die exklusiv als E-Book heraus kam (Plan B z. B)  Warum nicht auch jetzt zu "Marlow"?  Werden
diese Kurzgeschichten irgendwann alle in einem Sammelband erscheinen?

Volker: Das waren Kurzgeschichten, die alle schon einmal irgendwo erschienen waren, in Zeitschriften oder Anthologien. Im Moment gibt es keinen Nachschub mehr. Aber wenn ich die Romanreihe beendet habe, würde ich gerne auch alle Kurzgeschichten, die im Rath-Kosmos spielen, in einem Band vereinigen.

2014 haben sie eine Kurzgeschichte für die Anthologie Mord am Hellweg geschrieben. Ich gehe mal davon aus ohne Gereon Rath??

Volker:  Ich habe schon zwei Mal für MaH geschrieben, und immer mit einem Bezug zum Rath-Kosmos. Eine Geschichte spielte in Dortmund, die andere in Gelsenkirchen.

Nachdem ihre Bücher zu Anfang jährlich erschienen, erschienen sie ab dem 4. Buch alle 2 Jahre. Ich hoffe es bleibt bei diesem Rhythmus.

Volker: Am Anfang sind sie anderthalbjährlich erschienen, und das ging auch nur, weil ich mit dem zweiten Band schon angefangen hatte, bevor der erste überhaupt einen Verlag hatte. Zwei Jahre brauche ich schon; in so einem Roman steckt eine Menge Arbeit.

Was hat Dich am Buch beeindruckt?  Ich sehe solche Romane inzwischen für mich auch als Geschichtsunterricht. 

Arme_ Geschichtsunterricht ist vielleicht übertrieben, aber man bekommt auf sehr unterhaltsame Weise ein Gefühl für das damalige Zeitgeschehen und man kann sich bei Volker sicher sein, dass alles, reale Ereignisse, Baustellen in konkreten Straßen bis hin zum Wetter an bestimmten Tagen bestmöglich recherchiert ist. Was mich aber dabei beeindruckt ist Volkers Mut, nicht nur „Geschichtsunterricht“ zu vermitteln sondern auch vor sehr unterhaltsamen Genreelementen, um nicht zu sagen Klischees, mit Erotik und Gewalt nicht zurückzuschrecken. Teilweise haben die Rath Romane ja schon fast etwas von „Pulp fiction“ im positiven Sinne. Das spricht mich sehr an.

Wie sind sie inzwischen mit der Umsetzung der TV Serie Babylon Berlin zufrieden??  Ab Staffel 3 wird es ja durch fehlende Personen, recht komisch, wenn ich Buch 2 lese und dann im TV sehe. Sie hatten den Machern ja freie Hand gegeben. Bereuen sie es inzwischen? *lach*

Volker: Ich habe den Machern, die ja allesamt kreative Köpfe sind, freie Hand gegeben und lasse mich gerne von ihren Ideen überraschen. Und solange sie dem Seelenkern meiner Romanreihe verpflichtet bleiben und mit derselben Intention erzählen, werde ich es auch nicht bereuen.

Da sich die TV Serie und Buch in den nächsten Staffeln grundlegend unterscheiden, brauchst Du wohl keine Angst mehr haben, dass dich die Bilder beeinflussen.

Arne: Nein, bei der Arbeit an „Der nasse Fisch“, als ich noch froh war, dass die Filmproduktion sehr zurückhaltend mit Bildmaterial war, das mich hätte beeinflussen können, habe ich jetzt gemerkt, dass ihre Interpretation der Bücher und auch der Zeit eine ganz andere ist als meine Version.

Mir gefällt der Comic besser als die TV Serie, da der Comic näher dran am Buch ist als die TV Serie.

Arne: Das geht mir genauso. Mir ist die Serie teilweise auch zu modern und bei einigen Änderungen frage ich mich: Warum? Am besten haben mir die Szenen in „Babylon Berlin“ gefallen, die nah am Roman sind, wie zum Beispiel der „Blutmai“ bei dem die Kollegen Rath und Wolter zwischen die Fronten geraten. Interessanterweise ein Szene, die in meiner Version leider den Kürzungen zum Opfer gefallen ist.

Wie kam es zum Comic??  Wer hatte die Idee zu erst?  Arne oder sie?

Volker: Ein bisschen rumgesponnen in dieser Richtung haben wir wahrscheinlich beide schon ab und zu, aber die eigentliche Initiative kam schließlich von Carlsen. Der Verlag hat Arne gefragt, ob er das gerne - nach seinem gelungenen Debüt mit Wave and Smile - machen würde. 

War es schwierig einen Verlag zu finden?  Carlsen, weil Arne bereits dort einen Comic (Wave and Smile) veröffentlicht hat?
 s.o.

Ich habe gelesen,, das sie auch selbst begeistert Comics lesen? Welches Genre? Land? Ich bin mit Zack und den Frankobelgiern aufgewachsen. :)

Volker: Sozialisiert worden bin ich mit Tim und Struppi. Heute ist Ed Brubaker mein Lieblings-Comicautor. Und (natürlich) Alan Moore.

Was können sie sich eher vorstellen?  Das Arne alle Gereon Bücher zeichnet oder das jedes Buch von einem anderen gezeichnet wird? (Ich kenne so was aus Frankreich und der Carlsen Verlag wäre nicht abgeneigt auf meine diesbezügliche Frage, sagt aber auch, das es von ihnen beiden abhängt und sie sich da nicht einmischen). Mir wäre beides Recht. :) Mir gefällt die Umsetzung von Arne.

Volker Ich würde mir sehr wünschen, dass Arne es weiter macht, weil ich sowohl seine Art zu erzählen sehr mag als auch seinen zeichnerischen Stil. Es muss sich dann allerdings auch finanziell für ihn lohnen, so ein Comic ist eine Heidenarbeit, die lange vor dem Zeichnen beginnt.

Wann und warum wolltest Du das Buch als Comic umsetzen?  Zuerst kam aber der Comic „Wave and Smile“ heraus.

Das ist eine etwas längere Geschichte die in kurz so geht: Ich habe Volker Kutscher gleich nach dem erscheinen von „Der nasse Fisch“ persönlich kontaktiert und mich mit ihm regelmäßig getroffen, als ich an meinem ersten Buch zeichnete. Nach dessen Erscheinen 2012 hat mich Carlsen dann gefragt, ob ich nicht Volkers Roman adaptieren möchte. Damit habe ich dann 2013 angefangen, als die Lizenzrechte geklärt waren. Genau zu der Zeit sind dann auch die Filmrechte verkauft worden.

Inzwischen gibt es ja auch 2 Hörspiele (Der nasse Fisch und Moabit) Haben sie sie gehört?? Ich leider noch nicht.

Volker: Die Hörspiele sind beide sehr gelungen, ganz tolle Produktionen. Und eine ganz andere Art der Adaption.

Das 8. Buch spielt 1936. Wie wir alle wissen, fanden in diesem Jahr die Olympischen Spiele statt. In wie fern werden sie eine Rolle spielen?? Wird Gereon im Umfeld der Spiele ermitteln?

Volker: Natürlich.

Zum Schluss als letzte Frage, ich lese immer, das sie noch 3 Bücher schreiben wollen mit Gereon und das dann Schluss sein soll mit der Serie. Ist das jetzt nur Stand heute? Oder können sie sich auch vorstellen über 1938 hinaus weiter zu schreiben?

Volker: Nein, 1938 soll definitiv Schluss sein mit der Rath-Reihe. 



weiter geht es im
2. Teil des Interviews mit Arne Jysch

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